Endlich war es soweit! Endlich würde er sie wiedersehen. Gedankenversunken blickte Liam aus dem Fenster des hochmodernen Gleiters, einem Fluggerät das einer Mischung aus Flugzeug und Hubschrauber ähnelte, erreichte es doch mühelos die Geschwindigkeit eines Flugzeuges und war dazu in der Lage senkrecht zu starten und zu landen. Die Technologie hatte sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und dennoch hätte er nie geglaubt jemals Fuß in ein solches luxuriöses Vehikel zu setzen. Liam war der einzige Passagier, nein der einzige Mensch im Inneren des Gleiters, kam dieser doch ganz völlig ohne Pilot aus. Ein klein wenig mulmig war es ihm schon, kannte er doch nur größere, ältere Passagiermodelle die alle noch Piloten im Cockpit hatten, auch wenn diese kaum mehr tun mussten als dort zu sitzen und den Passagieren ein gutes Gefühl zu geben.
Die dunklen Wellen tanzten wild im Wind und für lange Zeit schien es so als würde das Schauspiel niemals enden, doch dann plötzlich kam Ruhe in das Wasser. Die Welle wurden gleichmäßiger, bewegten sich in dieselbe Richtung, brachen und strömten als weißer Schaum einem Strand entgegen der mindestens ebenso dunkel war, wie es die Wellen eben gerade noch waren. Liam blinzelte etwas als er den schwarzen Strand erblickte und hob seine Augen. Er war da… Die Insel von dem Astrid gesprochen hatte, wohin sie ihn eingeladen hatte. Die Vorfreude in ihm wuchs explosionsartig an. Er konnte es kaum erwarten bis er sie endlich wieder in die Arme schließen und an ihrem Haar riechen konnte. Neugierig sog er jedes noch so kleine Detail auf welches er durch das Fenster des Gleiters erhaschen konnte. Das Vehikel wurde spürbar langsamer als es fast lautlos über einen kleinen Palmenwald glitt. Und dann endlich kam es zum Stillstand, bevor es langsam gen Boden sank. Die Landung war so perfekt wie der ganze Flug zuvor und das ganz ohne menschliches Zutun.
Ein leises Zischen erklang und die Kabinentür öffnete sich. Sofort griff Liam nach seinem Gepäck und stieg voreilig aus dem Gleiter aus. Wenige Augenblicke später stand er auch schon auf der großen Landeplattform. Salzige Meeresluft stieg ihm in die Nase und sofort nahm Liam einen tiefen Atemzug. Der junge Mann blickte sich ungeduldig um, doch die Frau nach welcher er sich so sehr sehnte war nirgendwo zu sehen. Stattdessen rollte ein, ebenso Führerloses, weißes Fahrzeug neben den Gleiter. Irgendwie hatte er erwartet, dass sie ihn hier abholen würde, doch eigentlich hätte er es wohl besser wissen müssen. Astrid war bestimmt wie immer wieder in irgendeine Forschungsarbeit, ein Experiment vertieft. Ein letztes Mal sah sich der Student um bevor er seinen Rollkoffer in das Fahrzeug lud. Ob er wohl einfach einsteigen sollte?
Wo waren eigentlich all die Menschen? Die Landeplattform befand sich inmitten zahlreicher, kleiner Felder, aber abgesehen von einigen, vollautomatischen Landwirtschaftsroboter die ziemlich unbeeindruckt über die Felder tuckerten, konnte er keine Bewegungen wahrnehmen. Mit einem Schulterzucken stieg er schließlich doch in den Wagen ein und kaum war er auf das Sitzpolster niedergesunken schloss sich auch schon die Tür und der Wagen setzte sich in Bewegung. Schnell bewegten sie sich von der Landeplattform weg und Liam konnte gerade noch erkennen wie diese zusammen mit dem Gleiter langsam im Boden versank und verschloss.
Waren sie hier alleine auf der Insel? Immer wieder blickte er sich etwas verwundert um und doch konnte er keine anderen Menschen sehen. Er wusste dass Astrid Geld hatte, aber doch nicht etwa so viel, dass sie eine ganze Insel mieten konnte, oder? Die Straße führte aus den Feldern hinaus, durch einen weiteren kleinen Palmenwald bevor sie etwas steiler wurde und zu einem dunklen Felsen schlängelte der gen Himmel ragte. Liam kniff die Augen etwas zusammen als er weiß, geometrische Strukturen im Fels erkannte. War das etwa ein Anwesen? Ihr Anwesen? Nein… Es musste ein Hotel sein wo sie auf ihn warten würde. Im Grunde genommen hatte er keine Ahnung wo genau er sich befand. Wie sie es ihm auftrug, hatte er sich im privaten Bereich des Flughafens eingefunden und war dort in den Gleiter gestiegen. Wohin dieser geflogen ist wusste er nicht. Schon nach kurzer Zeit hatte er die Orientierung verloren und nach dem Display welches ihm die Destination anzeigte suchte er vergebens. Wieder vergingen wenige Minuten bis der Wagen wieder zum Stehen kam.
Da war sie! Die Züge des jungen Mannes leuchteten auf. Da war die Frau seiner Träume! Astrid war etwas älter als er, doch beim Anblick ihres Engelhaften Gesichts vergaß er dieses kleine Detail sofort wieder. Sie trug einen knappen Bikini und einen Sarong um die schmalen Hüften. Wie immer war beides in schwarz gehalten. Überhaupt schien hier alles entweder in schwarz oder in Weiß gehalten zu sein. Mit einem breiten Grinsen verließ er den Wagen und nahm Astrid ungefragt in die Arme, nur um Augenblicke später ihr Gesicht in seine Hände zu nehmen, sich zu ihr runter zu beugen und sie auf die Lippen zu küssen. Klar, sie war in der etwas speziellen Beziehung die sie führten die Herrin, aber sie konnte ihm unmöglich verübeln, dass er sich nach ihr gesehnt hatte, oder? „Hi“ begrüßte er sie mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen. „Ich habe dich vermisst!“ Endlich konnte der Urlaub beginnen. Er hatte sich darauf gefreut endlich wieder ungezwungen ihre Gesellschaft zu genießen, immerhin hatte sie in ihrer Einladung explizit geschrieben, dass sie ihm hier mehr Zeit widmen und sich endlich angemessen um ihn kümmern könnte. Ja, sie hatte sich in dem Schreiben etwas merkwürdig ausgedrückt, doch wirklich große Gedanken hatte er sich darüber nicht gemacht.